Fotos von Otto Oetz aus den bolivianischen Misiones östlich von Santa Cruz

09-01-2009

Der Versuch, die Jesuitenmissionen im Osten Boliviens kennenzulernen, war das letzte 'Abenteür' meiner Reise; es war auch der anstrengendste (fast). Und zur Hälfte ist der Versuch gescheitert.

Von La Cruz ging es in einem 'Colectivo' zunächst nach San Javier, der ersten Station am Weg. Auf dem Busbahnhof traf Mareike aus Bevereijk, die Gleiches vorhatte wie ich. Damit war die Reisegenossenschaft begründet; gleiche Absicht und gleiches Schicksal verbanden uns.

Im achtzehnten Jahrhundert haben Jesuiten die Christianisierung und Zivilisierung der "Wilden" im Grenzgebiet zwischen dem heutigen Bolivien, Argentinien, Brasilien und Paraguay angepackt, hoch effizient, wie alles was die Apostel der Gegenreformation unternommen haben. Der spanische König fand, dass es zu effizient war, befürchtete so etwas wie eine Gegenmacht, die ihm hätte gefährlich werden können, und veranlasste ihre Vertreibung. Die gerade Zivilisierten fanden sich plötzlich wieder allein gelassen, bzw. der üblichen Ausbeutung durch den Kolonialadel ausgesetzt. Im heutigen Ostbolivien traten, was die Seelsorge anging. Franziskus- an die Stelle der Ignatiusjünger. Das bewahrte einiges vom Jesuitenwerk vor dem völligen Verfall. Vor ein paar Jahrzehnten schließlich entdeckten Kunstsinnige die 'Misiones' und begannen zu restaurieren. Die Gegend ist Weltkulturerbe und sehr schön.

Das Problem ist: Die Jesuiten haben zwar wunderbare Architektur hinterlassen; aber die Gegend ist ein einziges Chaos, was die Infrastruktur angeht. Im zweiten Teil der Strecke verkehren Busse, wenn überhaupt, nur alle zwei Tage.Es gibt insgesamt sechs Stationen; viere davon haben wir gesehen.

Am 25. Januar, dem Tag des Referendums, lief gar nichts, weder öffentlicher noch privater Transport war gestattet. Am Montag kamen wir noch von San Ignacio nach San Javier. Dann gab es keinen Transport mehr oder besser: es gab einen Bus, der jedoch so voll ankam, dass ausser ein paar ganz jungen Männern keiner mehr hineinging. So blieben wir hängen, kamen nicht nach San José, der letzten Station, von der aus es eigentlich auch Busse und einen Zug geben soll. Aber die Fama sagt, dass auch die oft überbelegt sind. Also das Ganze rückwärts, wieder in zwei Tagesetappen und am Ende nach elfstündiger Nachtfahrt im Oldtimerbus über Schotterstraßen nach Santa Cruz. Am nächsten Tag bin ich dann nach La Paz zurück geflogen und nach noch zwei Tagen dort nach Lima.

  

  



  



Die Missionen liegen im Tiefland zwischen Amazonia und Gran Chaco, einer ziemlich fruchtbaren Gegend.

Die erste Station war San Javier. Da waren wir noch zuversichtlich, dass es mit dem Transport weitergehen würde. Die Kirchen sind aus Holz in einem barocken Mischstil errichtet. In den letzten Jahren wurde viel Renovierungsarbeit geleistet. Die Dörfer gruppieren sich um die Kirche, bzw. die Jesuitenklöster.



Das letzte Foto: Blick aus dem Dorf in die umgebende Landschaft:






  





Auf dem Weg von San Javier nach concepción machte der Bus einen Stop: Erholungspause für den Fahrer und Pinkelpause für die Fahrgäste. Das lag weit weg zwischen zwei Jesuitenstationen. Ländlich, friedlich. Es war kurz vor Sonnenuntergang, als wir ankamen und die Schatten waren lang.


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In Concepción ist mir (abgesehen von der schönen Kirche und der Klosteranlage überhaupt) der Kreuzweg aufgefallen. Das hatten schon die Jeusiten vorgemacht: Einheimische als Künstler. Die Bilder hier sind modern. Aber die Künstler oder der Künstler haben (hat) sich nicht gescheut, die römischen Soldaten in aktuelle Uniformen zu stecken. Auch der rote Lastwagen kommt sonst in Passionsbildern nicht vor.


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Als wir am Abend nach San Ignacio kamen, war es dunkel, die Kirche verschlossen, aber eine Türe zum Kloster war noch offen. Dort trafen wir einen Mann, der sich als Pfarrer als Franziskaner aus Süddeutschland vorstellte.

Ich erzählte ihm, dass ich meine späte Kindheit mit und bei Franzsikanern verbracht hatte. Der kannte dann sogar Bornhofen: für Nichtkatholiken und nicht Mittelrheinländer: In Bornhofen gegenüber von Boppard unter zwei Burgen, die 'Die feindlichen Brüder heißen', hat in vergangenen Zeiten (als das Wünschen und das Beten noch geholfen haben) eine wundertätige Pietá den einen oder oder anderen gläubigen Kranken geheilt.

Die Pilger kamen zu meiner Zeit noch; ich und meine Brüder waren Messdiener bei den Patres. Ich treffe selten jemand, der den Ort meiner Kindheit kennt. So was rührt dann sogar das Ungläubigenherz, das heute in meiner Brust schlägt, an.





Für San Ignacio hatten wir viel Zeit: den Sonntag des Referendums, den folgenden Montag, an dem der Bus regelmäßig nicht vorgesehen war und den ganzen Dienstag bis zum Abend, weil auch nach Santa Cruz erst ein Nachttransport angeboten wurde. San Ignacio ist ein ruhiger Ort, um den die viele Zeit nicht verschenkt war:

Kloster,

Kirche,

Parque Central,

die orignelle Unterbringung der öffentlichen Telefone,

der Markt,

die Motortaxis (man nehme ein Moped und schon hat man ein Taxi für preiswerten lokalen Transport)

traditionelle Zimmerleutearbeit,

und das stimmte dann auch wieder traurig: die Schlange der Leute, die nach dem sehr langen Wochenende nach Flüssiggas anstanden (Gas ist Boliviens wichtigstes Exportprodukt!),

und das Missionsdenkmal.

  

  

  













In San Rafael sind wir dann endgültig hängen geblieben: noch eine schöne Kirche,

eine Schnitzerwerkstatt, frommes Kunsthandwerk(leider ohne Bild),

Beichtstühle für Indiobauern, in denen Könige ihre Sünden hätten bekennen können,

der Kindergarten von Schwester Lioba Grosslercher

einer, der seine Zahnlücken stolz vorzeigt, und dem ´sogar das Fotografiert Werden wichtig war.

Mareike und ich waren nicht die einzigen, die vergblich auf den Bus gewartet haben. Die Menschen haben dort viel Zeit: "Mañana" (pasadomañana...)" "(Über)morgen ist auch noch ein Tag"."

  
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Zum Schluss (Feuilleton sozusagen): Die Tienda Clinton in Santa Rosa. Diese Gringos lassen keinen Laden aus, den sie kriegen können. Oder nur ein entfernter Verwandter, der es in den Staaten nicht ausgehalten hat? Oder...?

Noch befremdlicher der Alkoholschuppen in San Ignacio.

Dazu folgender Dialog:
- "Weißt du, wer bin Laden ist?"
- "Nein." (schüchtern lächelnd).
- "Das ist ein Terrorist, der 'größte' derzeit."
- "..."
- "Wusstest du das?"
- "Ja."
- "Warum heißt denn der Laden so?"
- "..."

Es wäre so schön gewesen: ein muslimisch-fundamentalistischer Stützpunkt in den Missionen, ein guter Witz (Bin Laden als Patron dieses Schnapsladens). Es bleibt ein Geheimnis.

Und zum Schluss noch eine Ermahnung: "Tritt nicht auf mich, es tut mir weh, pass auf mich auf."

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